Unterschied Ost und West: Das sind die Sorgen der Deutschen

In den alten und neuen Bundesländern haben die Menschen doch noch immer recht verschiedene Themen, die ihnen Sorgen bereiten

Nürnberg, November 2014

Andere Sorgen in Ost und West / Eine Studie des GfK Vereins zeigt, was die Menschen in Ost und West 25 Jahre nach dem Mauerfall beschäftigt

Arbeitslosigkeit ist und bleibt die Sorge Nummer eins - darin sind sich alle Deutschen einig.

Das ist ein Ergebnis der Studie "Challenges of the Nations 2014" des GfK Vereins. Aber auch 25 Jahre nach dem Mauerfall gibt es regionale Unterschiede im Sorgenranking: Bei den Ostdeutschen stehen Themen wie Kaufkraft und Soziale Sicherung stärker im Fokus, die Westdeutschen erachten Renten und Zuwanderung als wichtiger.

"In den alten und neuen Bundesländern haben die Menschen doch noch immer recht verschiedene Themen, die ihnen Sorgen bereiten", resümiert Professor Dr. Raimund Wildner, Geschäftsführer des GfK Vereins. Im Rahmen der Studie "Challenges of the Nations 2014" wurden die Bürger nach den am dringendsten zu lösenden Aufgaben in ihrem Land gefragt.

Seit mehr als 20 Jahren gibt es trotzdem einen unangefochtenen Spitzenreiter der gesamtdeutschen Sorgenliste: die Arbeitslosigkeit. In Westdeutschland erreicht sie aktuell 32 Prozent, das sind vier Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Gegenläufig ist die Entwicklung im Osten: Hier betrachten 40 Prozent der Befragten die Situation auf dem Arbeitsmarkt als dringende Aufgabe, vier Prozentpunkte weniger als

  1. Der Blick zurück zeigt, dass das Sorgenniveau im Westen stets niedriger war: 31 Prozent der Westdeutschen nannten 1990 Arbeitslosigkeit als dringend zu lösende Aufgabe im Land, der Höchstwert 1998 war mit 84 Prozent. Im Osten äußerten 1990 55 Prozent Sorge über den Arbeitsmarkt, 1998 erreichte sie den Spitzenwert von 92 Prozent. Seit 2010 erlebt das Thema gesamtdeutsch einen kontinuierlichen Abschwung. Dies entspricht der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt: Die Arbeitslosenquote nach dem internationalen ILO-Standard war im Februar 2014 mit 5,1 Prozent so niedrig wie seit 20 Jahren nicht mehr. Jedoch ist sie im Osten rund vier Prozentpunkte höher.

    "Die in der Studie geäußerten dringenden Aufgaben spiegeln in vielen Bereichen die Realität in den Regionen", sagt Wildner. Trotz der mittlerweile weitgehend angeglichenen Lebensqualität in Ost und West, ist die Wirtschaftskraft im Osten noch niedriger, so der Jahresbericht "Deutsche Einheit 2014" der Bundesregierung. Beispielsweise liegt das Bruttoinlandsprodukt in den neuen Bundesländern bei 66,6 Prozent des Westniveaus.

    In den neuen Bundesländern erreicht derzeit die Sorge um Preis- und Kaufkraftentwicklung mit 34 Prozent Platz zwei - und hat sich damit seit 1990 verdoppelt. Den Befragten geht es vor allem um Fragen wie Grundeinkommen, "gerechtere Einkommensverteilung" oder "Mindestlohn einführen". Renten / Altersversorgung folgt mit 19 Prozent auf Platz drei. Im Westen ist es genau umgekehrt: Die Rentenproblematik steht auf Platz zwei (26 Prozent) der Sorgenagenda mit Themen wie "Renten erhöhen" oder "Renten sichern", gefolgt von Preis- und Kaufkraftentwicklung (23 Prozent).

    Soziale Sicherung treibt mehr Menschen im Osten um: Sie liegt auf Platz vier (13 Prozent), im Westen auf Platz acht (11 Prozent). Dabei geht es den Befragten nicht nur um Themen wie Arbeitslosengeld, Hartz IV oder soziale Einrichtungen. Den Ostdeutschen ist vor allem die soziale Gerechtigkeit ein wichtiges Anliegen. Mehr Westdeutsche haben dafür Angst vor Armut. Dies Thema taucht zwar erst seit zehn Jahren im Sorgenranking auf, erreicht aber mittlerweile Platz vier (15 Prozent). Vor allem Altersarmut wird häufig als wichtige Aufgabe genannt. In den neuen Bundesländern belegt Armut Platz sieben (11 Prozent).

    Ein geteiltes Bild zeigt sich auch beim Thema Zuwanderung / Integration. "Zuwanderung stoppen" oder "Überfremdung bekämpfen" - Aussagen wie diese werden vor allem von westdeutschen Befragten geäußert. Dort belegt das Thema den fünften Rang (14 Prozent), im Osten nur Platz 13 (9 Prozent).

    In ganz Deutschland ist Kriminalität in den vergangenen Jahren stärker in das Bewusstsein gerückt. Vor 25 Jahren hielten in den neuen Bundesländern nur 2 Prozent der Befragten Kriminalität für eine dringende Aufgabe, heute sind es 13 Prozent - damit ist das Thema noch in den Top 5. Besonders Jugendkriminalität und Mafia werden in diesem Zusammenhang genannt. In Westdeutschland erreicht die Kriminalität 11 Prozent (Platz sieben), 1990 war es sogar nur 1 Prozent.

    Auch beim Gesundheitswesen und bei der Gesundheitspolitik äußern sich einige besorgt: In etwa jeder Zehnte in Deutschland sieht hier eine dringend zu lösende Aufgabe, wobei sich die Werte zwischen Ost und West hier kaum unterscheiden. Deutlicher differieren die Meinungen wenn es konkret um den Bau / die Finanzierung von Krankenhäusern und die Krankenversorgung geht: hier sehen acht Prozent der Ostdeutschen Handlungsbedarf, während sich der Wert bei den Ostdeutschen auf nur sechs Prozent beläuft.

    Und wie sieht es mit dem Zusammenwachsen von Ost und West aus? Das ist 2014 nur für wenige Befragte eine dringende Aufgabe. "Abbau des Ost-West-Gefälles" oder "Anpassung der Ostlöhne an das Westniveau" - Themen wie diese erreichen in Ostdeutschland 3,7 Prozent Nennung, im Westen gerade einmal 0,3 Prozent.

(ots)